1999-05 Die Tour de France
Die Es-hätte-einen-ja-gewundert- wenn-alles-geklappt-hätte-Tour — vom 21. Mai bis zum 29. Mai 1999
Auch 1999 ging es zwei Mal in den Urlaub! Also, wenn ich das alles so im Nachhinein betrachte, dann scheint es mir, dass ich gar nicht sooo schlecht gelebt habe, wie ich mir das immer eingeredet hab! Pfingsten sind wir an die Cote d’Azur gefahren. Mit dem Radel! (Übrigens war ich 1999 nur mit dem Rad im Urlaub!) Aber keine Angst, wir sind nur an der eigentlichen Cote geradelt. Hin und zurück haben wir doch die deutsche und französische Bahn in Anspruch genommen… Und hier wird es demnächst auch Bilder geben…
Ich sage an dieser Stelle nur: Cap Canaille mit dem Fahrrad!!! Alles andere möge man aus den Bilder ersehen, oder aber aus dem ausführlichen Bericht:
Kaum gestartet, so hatte der Zug Verspätung. Es wunderte uns, dass es uns wunderte.
Naja. Die Folge daraus war dann, dass wir natürlich nicht mehr den Anschluss-Zug
erwischten. Und damit auch keine Platz-Reservierung mehr hatten.
Das Resultat war dann eindeutig: Alles auf den Gang!!! Möglichst viel Platz
einnehmen!!! Zum Leidwesen der anderen Passagiere und zum Ärger des Schaffners.
Aber der hatte auch keine bessere Lösung für uns…
Schließlich konnten wir dann aber die die Enge verlassen, und den größten Abschnitt
der Reise beginnen: Der Nacht-Zug nach Frankreich. Wie durch ein Wunder erreichten
wir dann doch noch den gebuchten Zug, so dass wieder alles im Lot war.
Liegewagen. 6er-Abteil. Nur für uns! Donnerwetter!!! Die Fahrräder waren im
Gepäck-Wagen unter gebracht. Zusammen mit ein paar Post-Säcken. Was es nicht alles
gibt!
Allerdíngs mussten wir feststellen, dass auch ein 6er Abteil doch einen gewissen
Dis-Komfort aufweist. Besonders, wenn man so ausgiebig wohnt, wie Studenten! Aber
bis in die späte Nacht hin ließen wir es uns dort bei Rotwein und Keksen gut
ergehen.
Als es dann aber ans Schlafen ging, mussten wir dann doch feststellen, dass solch
ein Abteil alles andere als bequem ist. Liege-Sitze hin oder her, es ist und bleibt
einfach tierisch unbequem!!!
Daher kam dann spontan die Entscheidung in einer Wein-Laune, die Nacht doch mit den
Rädern im Gepäck-Wagen zu verbringen. Alles nötige wie Iso-Matten und Schlafsäcke
hatten hatten wir ohnehin dabei. Gesagt getan. Der Wagen hatte die idealen
Abmessungen für uns. Wir verbrachten eine sehr ruhige Nacht und waren wesentlich
entspannter, als wenn wir im Liege-Sitz geschlafen hätten!
Endlich angekommen in Avignon. Diese berühmte Brücke haben wir nicht gesehen.
Vielleicht, weil wir nicht danach gesucht haben. Es gab nämlich dringendere
Probleme: Mir ist nach den ersten 100 Metern bereits die Kette abgesprungen! Ein
eindeutiges Zeichen, dass mit meinem Radel wohl doch nicht alles so ganz in Ordnung
war, wie gedacht.
Dennoch musste zunächst erst mal unser leibliches Wohl befriedigt werden. Mit einem
original französischen Frühstück in einem kleinen Cafe in der Sonne!!! Da fängt der
Urlaub schon am ersten Tag wunderbar an: Croissants, Cafe au Lait… Was will man
mehr?
Können wir jetzt endlich vielleicht mal los fahren??? Marius ist schon ganz
ungeduldig. Naja, bei der high-tech Ausrüstung ist es ja klar, dass alles
funktioniert. Ganz im Gegensatz zu meiner low-tech Equipment. Aber immerhin konnte
ich das Rad austauschen.
Ich hab mir ein neues Rad geliehen für die Woche. Dass dadurch mein komplettes
Urlaubs-Budget drauf gegangen ist, steht auf einem anderen Blatt… Immerhin hatte
ich nun ein Fahhrad, was auch funktioniert. Das kaputte hab ich beim
Fahrrad-Händler deponiert. Ob ich es jemals wieder sehen würde? Aber immerhin
konnten die mit der Sachs 3×7 Gangschaltung auch nichts anfangen…
Apropos low- und high-tech. Dies ist meine Fahrrad-Tasche. Diese gab dann auch am
zweiten Tag den Geist auf. Immerhin hat sie damit doppelt so lange gehalten, wie
das Fahrrad. Prinzipiell war die Tasche gut. Problem dabei war nur, dass sie nur
unter großem Aufwand auf- und abgebaut werden konnte. Also nix spontanes.
Tja, und dann gaben die Nähte irgendwann nach. Klebeband schaffte Abhilfe.
Allerdings nur bedingt, da solch ein Band selten bei Wärme stabil ist. Und wegen
der Sonne sind wir ja auch an die Côte d’Azur gefahren. Mit anderen Worten: Alle
zwei Tage war Nacht-tapen angesagt.
Obermieter war erfreut. Immerhin hatte er auch eine low-tech Tasche. Aber neu. Und
von Tchibo. Die hilf auch. Fast jedenfalls. Erst am letzten Tag streckte sie alle
Viere von sich. Immerhin.
Bleibt dann nur noch die high-tech Sparte zu erwähnen. Ortlib Fahrrad-Taschen.
Schnell dran, sicherer Halt, schnell ab! Was will man mehr. Hinterher hab ich mir
auch so ein paar Taschen gekauft. Hinterher…
Dann kann es ja wirklich los gehen. Besonders weit sind wir dann aber doch nicht
gekommen, da es immer mal wieder Konfusionen über die richtige Route gab. Aber da
wir die Leitung immer rotatorisch wechselten, konnten wir immerhin niemanden für
ein Verfahren verantwortlich machen.
Letztenendes pendelte sich die Leitung dann doch bei Marius und Nico ein, all die
weil die Beiden die meiste Erfahrung im Karten lesen hatten. Allerdings hat denen
das bei Cap Canaile dann auch nicht viel genutzt.
Der erste Tag und die erste Nacht haben wir „irgendwo“ verbracht. Eine
Rekonstrukion ist nur schwer möglich… Allerdings konnten wir bis jetzt ausgiebig
die Einstellung der Franzosen zu Rad-Touristen kennen lernen. Und die war alles
andere als positiv! Und das trotz der Tour de France… Die spinnen, die Franzosen!
Der Camping-Platz (wir haben ihn nur durch Zufall gefunden) war ganz passabel.
Zeichnete sich aber auch durch nichts besonderes aus. Vielleicht durch den Pool,
den wir nicht benutzt haben. Aus welchen Gründen auch immer.
Aber die erste warme und gehaltvolle Mahlzeit an diesem Abend war ein Traum! Man
muss nur lange genug nichts gegessen haben, dann schmeckt alles! Und wir konnten
den ersten Etappen-Marathon zwischen dem Sigg-Kocher von Nico und dem
Coleman-Kocher von Marius beobachten. Zumindest was die Handhabung, Eleganz und die
Schmutzigen Finger angeht, so hat Sigg doch klar die Nase vorn!
Tags darauf ging es weiter. Dem Unheil entgegen. Nur wussten wir es bis dato noch
nicht!
Diese unscheinbare Straße mit den malerischen Bergen im Hintergrund führt mehr oder
weniger direkt hinauf nach Cap Canaile!
Wir haben uns dann sowohl im Ort, als auch dahinter in der mehrfach verfahren. Aber
hilfsbereite Einheimische wiesen uns dann immer den Weg. So fuhren wir zum Beispiel
ganz locker aus dem Ort heraus. Dann ein Grenz-Stein mit einer Weg-Weisung. Aber da
wir da mit Schwung für die Berge vorbei gedüst sind, meinte Marius nur: „Ach, wenn
es wichtig war, dann kommen wir wieder zurück…“ Es WAR wichtig. Eine halbe Stunde
später kehrten wir nämlich wieder um, als wir oben am Berg angekommen waren. In
einer Sackgasse!
Nach all diesen Irr-Fahrten und nicht unerheblichen Steigungen (wir mussten diverse
Male absteigen und schieben – jedoch kein Vergleich mit Cap Canaile, aber das
kannten wir da ja noch nicht) beschlossen wir, endlich mal Mittags-Pause zu machen.
Es war ja nun auch Mittag, wir hatten Kohldampf und die Sonne brannte!
Der nächste Rastplatz war unserer. Praktischerweise lag er auch noch unter Schatten
spendenden Bäumen! Und Tische und Bänke… Was will man mehr??? Urlaub total!
Und wer viel gegessen hat, der muss auch ein Verdauungs-Schläfchen halten. Außerdem
war die Sonne immer noch hoch oben, und es war viiieeel zu heiß zum Radeln…
Und nach der Pause ging es dann richtig los! Ein Horror-Trip sondergleichen. Sonne.
Hitze. Und eine schier unendliche Steigung!!! Es war einfach nur anstrengend!!!
Auf den Bildern sieht das alles gar nicht so spektakulär aus, aber fünf Menschen
wissen auf jeden Fall, was das für ein Trip war…
Wenn man da in der Sonne, bei der annähernd unendlich großen Steigung unterwegs
ist, glaubt man gar nicht mehr an ein Ende der Straße, doch es gibt es wirklich!
Und wie durch ein Wunder steht am Ende sogar ein riesiger Baum, der den lang
ersehnten Schatten spendet. Wer da noch an Zufällt glaubt, ist selber Schuld!!!
Nun muss man sagen, dass Cap Canaile auch ein berühmter und bekannter Aussichtspukt
auf Cassis ist (siehe nächste Bilder). Das wiederum hat zur Folge, dass auch
Touristen dort sind. Und die wiederum fahren nur ungerne mit dem Rad dort hin. Die
nehmen lieber den klimatisierten Bus! Und der passt aber nicht auf dem Pfad, den
wir genommen haben. Also gibt es auch eine Pass-Straße dort hinauf. Das haben wir
festgestellt, als wir oben waren!!!
Und nun, während wir im Schatten nach Luft und Abkühlung rangen, fuhren
dutzendweise Busse mit alten Omas winkend an uns vorbei. Was für ein Scheiß…
Naja, aber das ganze hat auch seine guten Seiten. Das muss man ja nun mal gnadenlos
anerkennen!!! Immerhin hat man von hier aus eine echt fantastische Sicht auf die
C1ote d’Azur, auf Cassis und auf die vielen Calanques!
In der Synchron-Lücke zweier Bus-Ladungen konnten wir dann schließlich alleine und
ungetrübt die Aussicht genießen. Allerdings dann doch nicht alle, weil Obermieter
und Steff es dann doch lieber vorzogen, sich weiter zu regenerieren…
Allerdings brauchten wir uns gar nicht so sehr zu regenerieren, da es von nun an
nur noch bergab nach Cassis ging! Ein Vorteil, wenn man vorher nur bergauf gefahren
ist. Aber kein wirklicher Trost. Außerdem war die Abfahrt alles andere als
angenehm. Denn das Gefälle betrug sage und schreibe 30% (in Worten DREISSIG!!!).
Mit anderen Worten, man war nur damit beschäftigt, zu bremsen und zu hoffen, dass
diese auch halten, denn die Straße endete an einer viel befahrenen Kreuzung.
Aber immerhin kann der naive Leser nun ahnen, was für eine Strapaze hinter uns lag,
denn die 30% Gefälle sollten schon für sich sprechen…
Der Hafen. Man sollte meinen, dass sich unser gesamtes Urlaubsleben an dieser Stelle angespielt hat. Der Leser irrt jedoch. Irgendwie haben wir es fertig gebracht, in der gesamten Woche nur zwei Mal am Hafen zu sein: Am ersten Abend und am letzten!
Vielleicht auch deswegen, weil mal ans Student nun doch nicht so die größte Affinität zu Luxusjachten hat. Und vielleicht auch, weil genau diese Jachten in den Calanques ständig genervt haben!
Apropos Calanque. Wenn jemand Cassis kennt, dann wohl hauptsächlich wegen der Calanques. Eigentlich DIE Attraktion schlechtin dort.
Unnötig zu erwähnen, dass wir das auch ausgiebig und täglich genutzt haben. Allerdings nicht wie der gemeine Tourist am kleinen schmalen Strand der Calanque, sondern auf halbem Wege zum offenen Meer hinaus. Das dritte Plateau war unser! Garantiert keine Besucher geschweige denn plärrende Kinder…
Die Calanque d’en Veau. Man musste von Cassis aus etwas weiter laufen. Fahren ging nicht. Es gab definitiv nur einen (bzw. eigentlich sogar mehrere) Pfade dort hin. Das hatte den unschlagbaren Vorteil, dass dort weniger los war, als an den anderen beiden Calanques. Möchte man meinen. Stimmt aber nicht.
Die unübertroffene Schönheit lässt jede Mühe für das Erreichen vergessen *schmacht* Aber mal im Ernst. Auch der Weg dort hin ist wirklich sehr zu empfehlen.
Der einzige Wermutstropfen ist, dass es gerade in dieser Calanque nur von 12 bis Mittag sonnig ist!
Die Calanque d*en Veau mag ja sehr idyllisch sein, aber bis man erst einmal da ist… Die Klettertour ist nicht ganz trivial, wie man sehen kann!
Oben angekommen steht dann auch ein Schild, wo jemand „danger“ drauf gemalt hat. Freunlicherweise nur oben!
Wenn man denn von der Sonne genug hat, oder aber auch auf dem Weg zur Calaque d*en Ceau etwas arg ausgedörrt ist, dann bietet sich quasi jede Ecke an, um sich kurz hin zu setzen, und ein außerprogramm-mäßig eine Tafel Schokolade zu vernichten. Schokolade macht ja bekanntlich glücklich. Und in diesem Umfeld wirkt sie besonders gut!!!
Apropos Schokolade. Ist der Mai bei uns ja noch nicht so für die allerhöchsten Temperaturen bekannt, so ist man an der Cote d’Azur durchaus sommerlich aufgehoben!!!
Leider bekommt die Sommersonne der Schokolade und den Getränken nicht so gut. Aber wozu hat man denn sonst eine riesigen Kühlschrank direkt am Strand? Schoki in die Tüte, Seil dran und versenken. Und hoffen, dass sich der Knoten am Felsen nicht löst ;o)
Man kann ja nun nicht immer baden oder faul am Stand herum liegen. Der Tatendrang ist groß, vor allem, wenn man nun so gar nicht mehr Fahrrad fährt. Also geht man mal flux (leichter gesagt als getan, bei den Felsen) zum Ende der Calanque.
Belohnt wird man dort mit einem Postkarten-Blick!!! Azurblaues Wasser. Spätestens an dieser Stelle weiß man auch, woher dieser Küstenabschnitt seinen Namen hat…
Nach der Hälfte der Zeit ist Pfingsten nun auch endlich vorbei. Das hat den Vorteil, dass unser Zelt nicht mehr auf dem Seitenstreifen stehen muss. Der Platzwart hat uns gnädigerweise eine neues sehr lauschiges Plätzchen zugewiesen. Schön schattig unter Bäumen.
Da aber keiner so recht Lust hatte, alle Zelte erst ab- und danach wieder aufzubauen, haben wir den Umzug kurzerhand amerikanisch gelöst!
Le Droit de Dieux. Der Daumen Gottes. Im Wanderführer und in den topografischen Karten eingezeichnet und daher als sehenswert eingestuft. Wir hatten uns dafür etwas ganz besonderes ausgedacht: Ein Abendessen.
Logistisch durchaus nicht ganz trivial, denn erst mal musste alles für ein Abendessen dort hin geschafft werden! Der Weg dorthin dauerte gut eine Stunde. Von der Schlepperei mal ganz zu schweigen! Aber die Anstrengung wurde belohnt. Nur sehr selten ist man ca. 100 Höhenmeter senkrecht über dem Wasser.
Freundlicherweise hat man dort auch gleich eine Sitzgelegenheit installiert. Mit Mulden für die Teller! Und dann ging das Geschlemme los. Wir hatten Käse gekauft. Eigentlich nichts besonderes. Einen Weichkäse vom Grabbeltisch im Supermarkt. Allerdings entpuppte sich dieser Käse als kuliarischer Hochgenuss! Eine wahre Schlacht brach um diesen Käse los. Und Nico, die Sau, hat dann auch prompt zwei Stücke davon ab bekommen!!!
Da es ja selbst im Paradies nie zu 100% idyllisch, friedlich und perfekt ist, gibt es auch hier ein paar Stolpersteine, über die Marius und meine Wenigkeit etwas ins Straucheln geraten sind. Um es mit den Worten der Einheimischen zu sagen: „Marius, les meduses!“ [„Mariüs, lee medüs“]
Ja, es gab Feuerquallen. Haben wir nach 4 Tagen persönlich festgestellt. Von oben oder aus einiger Entfernung mit der Taucherbrille betrachtet sind sie ja unheimlich elegant anzuschauen. Aber bei einer Berührung…
Vielleicht aus diesem Grund, oder aber, weil das Wasser im Mai doch nicht ganz so warm war, hat es sich der Obermieter dann lieber in der Sonne bequem gemacht…
Das Zeit relativ ist, weiß wohl jeder. Wenn man arbeiten muss, dauert eine Woche relativ lang. Ist man dagegen im Urlaub, vergeht eine Woche relativ schnell!
Wir sind wieder auf der Rückfahrt. Irgend wo auf halber Strecke. Keiner weiß so recht, wo eigentlich. Es ist Zeit zum Abendbrot essen und wir haben es uns in einer Ecke am Kai so gemütlich wie nur irgend möglich gemacht.
Die Idylle trügt etwas, denn wenn man etwas weiter weg schaut, so würde man tonnenweise von Seetang am Strand und unter der Kaimauer sehen. Was für ein gebührender Abschluss…
Die Nachbereitung im Zug. Oder: „Weißt Du noch, als wir da lang geklettert sind?“
Nach der katastrofalen Hinfahrt kam auf der Rückfahrt dann der Hohn schlechthin: Ein Mitarbeiter der Bahn macht eine Umfrage unter den Bahnreisenden mit Rad, wie einfach es doch ist, mit Rad und Bahn zu fahren. Wohl weißlich hat er UNS nicht gefragt…