2001-04 USA-Dienstreise nach St. Paul – Ausführlicher Bericht
Das Land der unbegrenzten Möglichkeiten? — vom 25. bis zum 29. April 2001
Der ausführliche Bericht
Zu den Fotos:
Es ist mal wider so weit! Der schon von einigen ersehnte Bericht ist nun Realität geworden. Wie üblich nach fundamentalen Einschnitten in meinem Leben folgt auch diesmal wieder ein überaus objektiver Bericht, der garantiert nicht durch die rosarote Brille gesehen worden ist…
Doch nun geht es los. Für alle, die den Gesamt-Kontext noch nicht kennen, erst einmal eine kleine Einleitung. Alle anderen können diesen Absatz getrost überspringen. Mein Studium neigt sich nun so langsam den Ende entgegen, und es ist Zeit, an die Diplomarbeit zu denken. Durch einen glücklichen Zufall kam ich wohl wie die Jungfrau zum Kind zu meiner zukünftigen Arbeit: Ich bin an der Weiterentwicklung eines implantierbaren Defibrillators beteiligt. Ein Defibrillator, oder kurz Defi, ist ein Elektroschock-Gerät, welches in diesen tollen Arzt-Serien immer sehr gerne verwendet wird. Und das gibt es halt auch in klein zum einbauen – ganz ähnlich wie ein Herzschrittmacher, nur mit sehr viel mehr Energie. Aber das ist auch gar nicht so wichtig! Viel wichtiger ist, dass ich wegen dieser Arbeit mal kurz in die Staaten fliegen musste. Ja, es war wirklich nur mal kurz: Von vergangenem Mittwoch bis einschließlich Sonntag. Also eine Dienstreise in die USA.
Das war die Einleitung, und nun folgt der ultimative Bericht. Zugegebenermaßen bin ich allerdings überhaupt kein Fan der Vereinigten Staaten, aber das wird man wohl demnächst merken, denke ich.
Wenn man in die USA fliegen möchte, dann muss man sich vor dem Betreten eines Fliegers erst ein mal interviewen lassen. Dazu gibt es etwa 10 US-Sicherheitsbeamte, die jedem einzelnen ein paar Fragen stellen…
Haben Sie Ihren Koffer selber gepackt? Wissen Sie, was alles drin ist? Wie sind Sie hier her gekommen? Haben Sie ihren Koffer unbeaufsichtigt gelassen? Hat jemand anders Ihren Koffer gehabt? Hat Sie jemand gebeten, etwas mit ins Flugzeug zu nehmen? Haben sie elektrische Geräte bei sich? Haben Sie die aus der Hand gegeben? Sind das Ihre Geräte? Benutzt die jemand anderes? Und so weiter und so fort… Und dieses alles auf englisch. Und diese Beamten verstehen überhaupt keinen Spaß! Da muss man wirklich ernst bleiben, und darf sich keinen dummen Spruch erlauben, sonst kann man gleich wieder einpacken!
Und dann folgt ein Flug von über 8 Stunden Dauer. Während dessen hat man genug Zeit, sich der zweiten Hürde bei der Einreise zu widmen: Die Immigration. Ein grüner Zettel, auf dem man Ein- und Ausreisedaten und Aufenthaltsort angeben muss. Jeder, der hinein möchte, muss auch nachweisen, dass er wieder raus will. Also Rückflug-Ticket nicht vergessen, sonst ist gleich an der Grenze Schluss! Viel interessanter ist die Rückseite des Zettels. Wieder ein Haufen Fragen:
Haben Sie vor, jemanden in den USA umzubringen? Bringen Sie geschmuggelte Wahre mit? Sind Sie geistig oder körperlich behindert? Waren Sie am Holocaust beteiligt? Wurden Sie schon mal aus den USA ausgewiesen worden? Und so weiter…
Und alle Fragen muss man mit NEIN beantworten, sonst kommt man auch an dieser Hürde nicht vorbei.
Diesen Zettel gibt man dann bei der Immigration ab. Das ist eine große Halle, mit vielen Schaltern am Ende. Kurz davor ist eine gelbe Linie im Boden eingelassen. Dadrüber steht: DO NOT CROSS THE YELLOW LINE!!! Und im ganzen Raum laufen zig Polizisten herum! Und wehe dem, es tritt jemand unaufgefordert über die magische Linie! Und auch nur einzeln!
Am besagten Schalter angekommen, wird erst mal der Pass nach unerlaubten Stempeln durchsucht. Dann bekommt man noch mal die Fragen vom grünen Zettel und viele mehr gefragt. Und schließlich werden etwa zwei Dutzend Blätter und Formulare abgestempelt…
Der Zoll. Jeder, der amerikanischen Boden betritt, sei es auch nur, um das Flugzeug zu wechseln, muss ein mal seinen Koffern persönlich nehmen, und durch den Zoll tragen. Und was wir denn hier machen wollen, in den USA? Und ob man denn etwas zum Verzollen hätte? Und auch die Frage nach dem europäischen Wurstbrot kam selbstverständlich…
Nach diesen vielen Hürden hat man es schließlich geschafft: Das Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Diese Möglichkeiten werden aber schon wieder auf dem Freeway begrenzt: Da darf man nämlich nur etwa 110 km/h fahren. Ist auch besser so, denn die Straßenqualität ist grausam!
Die anderen Mitfahrer auch. Rechts überholen ist legal. Das macht Fahren nicht unbedingt übersichtlicher und einfacher. Und die Autos sind alle wesentlich größer. Und meist auch viel kaputter! Da fährt mal einer ohne Motorhaube, oder verliert seine Stoßstange…
Verkehrsschilder gibt es dort eine Menge. Sie sehen aus, wie Werbeschilder! Und von Einheitlichkeit ist nicht die Spur zu sehen. Mal ist die Geschwindigkeitsbegrenzung eckig, mal rund. Einbahnstraßen erkennt man höchstens daran, dass alle in der selben Richtung parken. Schilder sucht man vergebens.
Alle Städte sehen aus wie Frankfurt. Hochhäuser total! Und die sind dann immer über überdachte Brücken miteinander verbunden. So kann man von einer Mall in die nächste. Der Nachteil der Hochhäuser ist, dass es außerhalb auf den Straßen fürchterlich windig ist. Und zu meist auch sehr schattig, was auch im Sommer zu Erkältungen führen wird.
Die Kabel werde ausschließlich oberirdisch verlegt. Das macht das Stadtbild nicht unbedingt schöner. Überhaupt ist die ganze Elektrik nicht auf dem neuesten Stand. Die 110 V kann man noch mit Sicherheits-Aspekten erklären. Aber ungeschützte Steckdosen, offene Kontakte, fehlende Schutzleiter, lose Lichtschalter, und und und… bestimmt nicht!!! Da graut es einem E-Techniker. Und auch einem normal sterblichen!
Das Wasser ist direkt aus dem Schwimmbad abgepumpt. Zumindest steht es dem Chlorgehalt in nichts nach! Und ein Nachteil der Hochhäuser ist mit Sicherheit, dass mit steigendem Stockwerk der Wasserdruck rapide abfällt! Da ist nichts mehr mit kräftig duschen!
In den Staaten ist alles eine oder auch zwei Nummern größer. Das gilt so ziemlich für alle Bereiche des Lebens: Auch im Restaurant. Da ist eine kleine Cola nun mal 0,5l groß! Und das Glas ist dann voll mit Eis gefüllt. Eis gibt es dort ohnehin im Überfluss! Alles ist mit Eis gekühlt – jedes Getränk. Und nicht nur zwei Würfel, nein, ein halbes Glas! Und man bekommt es einfach nicht ohne! Auch nicht bei Nachfragen! Und immer gibt es ein Glas Eiswasser dazu. Egal ob zum Frühstück, oder zum Mittag oder Abends. Apropos Frühstück: Da gibt es keine Kaffee-Tassen. Da gibt es Pötte. Und zwar von der großen Sorte. Drei Becher, und die Kaffee-Kanne ist leer!
Fast alle Amerikanerinnen sind dick! Oder besser FETT!!! Wovon man hier ab und zu mal jemanden sieht, gibt es dort en mass! Einfach schrecklich. Die Hotelwaage zeigte auch 280 an! Aber kein Wunder, bei dem Essen. Es schwimmt grundsätzlich alles in Fett! Egal, ob Frühstück oder Abendessen. Aber auf der anderen Seite wird dort Milch und Joghurt mit 0% Fett gegessen. Das kann es doch wohl nicht sein. Und auf dem Tisch stehen vier verschiedene Arten von Süßstoff. So eine Auswahl hat man hier zu Lande nicht mal im Fachhandel.
Minneapolis gilt als recht sichere Stadt. Komisch nur, dass innerhalb einer halben Stunde drei Menschen vor dem Restaurant festgenommen wurden… Und das, wie man es aus dem Fernsehen kennt: Mit viel Blaulicht (die wenigsten Lampen am Polizeiauto sind übrigens blau) und quitschenden Reifen und Geschrei und Hände an die Wand und Beine spreizen… Ich möchte nicht wissen, wie das in anderen Städten so ist…
Mit Zahlen haben es die Amis! Da wird grundsätzlich in Brüchen gerechnet. Aber woher soll ich nun wissen was mehr ist: 3/16 oder 5/18???
Und Längen werden in Füßen oder Meilen gemessen. Und natürlich <i>inch</i>. Aber nicht 10<i>inch</i> sind ein Fuß, sondern 12! Da kommt Freude auf!
Für Gewichte ist übrigens die Landes Bausparkasse zuständig.
Und jetzt soll mir mal irgend jemand einen Grund nennen, warum alle Leute so unbedingt in die Staaten fahren wollen! Mir fallen darauf hin bestimmt jeweils drei Gegenargumente ein, die ich jetzt weglasse, damit ich mich nicht zu sehr aufrege, und noch ein Magengeschwür bekomme!