1998-06 Mit dem Rad nach Langeoog

Wenn E-Techniker verreisen — vom 02. bis zum 05. Juni 1998

Urlaub, wie man ihn schon immer mal machen wollte: Nur lauter Elektrotechniker!!! Da kommt Freude auf. Das ganze wird dann getarnt als Aktiv-Urlaub, weil das Fahrrad mitgenommen wird. Und schwupps, wird eine ruhige und biedere Nordsee-Insel mal ordentlich aufgemischt! All das natürlich bei herrlich ungemütlichem Pfingstwetter…

Es ist eigentlich nicht mehr herausfindbar, woher und von wem diese Idee kam, einfach nach Langeoog zu fahren. Nun denn, das Ziel stand fest.

Wie kommen wir hin? Das stand eigentlich aus schon fest: Ja, mir san mim Radel doa!

Die ganze Strecke?? Na ja, 220 km (Luftlinie!) sind nicht unbedingt das, was sich jeder unter einem Urlauf vorstellt. Aber diese Aktion war ja auch kein Urlaub, sondern als eine Radtour deklariert. In allgemeiner Übereinstimmung beschlossen wir dann auf eine kleine Starthilfe in Form der Deutschen Bundesbahn zurückzugreifen.

Als nächstes galt es zu klären, wie viel von Starthilfe wir uns denn nun gönnen sollten. Norddeich Mole war das erste Ziel. Dann mit dem Rad in Richtung Osten nach Bensersiel. Dies scheiterte jedoch an dem Budget bzw. an der Tatsache, daß das Wochenendticket – wie der Name schon sagt – nur am Wochenende gültig ist und wir am Dienstag fahren wollten. Der Preis wäre von 35 DM für fünf Personen auf 80 DM pro Person gestiegen.

Daher das zweite Ziel: Oldenburg. Man merkt, wir machen Abstriche. Keine Küste auf der Hinfahrt. Doch auch dieses Ziel wurde wieder verworfen: zwar erheblich billiger (ca. 28 DM ohne Rad) aber dafür eine Fahrt mit dem Rad durch Oldenburgs City zur Mittagszeit.

Man einigte sich schließlich auf Bad Zwischenahn als ultimative Lösung, da preisgünstig (31 DM), kleiner Ort und noch genügend Wegstrecke bis zur Küste. Einen Nachteil hatte diese Bahnfahrt jedoch: Die Abfahrtszeit. 5.20 Uhr ab Hannover ist eine doch sehr unchristlich frühe Zeit. Jedoch hatten wir dadurch den ganzen Tag zum Radeln zur Verfügung (Ankunftszeit in Bad Zwischenahn: 8.27 Uhr).

Während der gesamten Planung waren noch zwei Fragen ungeklärt bzw. in ständiger Veränderung: Wo wird übernachtet? Wer kommt überhaupt mit? Ersteres entwickelte sich schon zu einem Problem, denn wir fanden lediglich heraus, wo wir nicht schlafen würden: In einer Jugendherberge. Aber man ist aber nicht blöd und versucht zu improvisieren. Telefonisch und interaktiv (Internet) klappert man die gesamte Nordseeküste nach einer Unterkunftsmöglichkeit ab. Schlußendlich landeten wir dann wieder am Ausgangsort (nein, nicht Hannover, sondern Langeoog). (Diese Entscheidung folgte nicht zu Letzt durch Empfehlung von Marius und Oli, die diesbezüglich auf dieser Insel schon Erfahrungen gesammelt haben.) Dort jedoch auf dem Zeltplatz der Jugendherberge. Das bedeutete jedoch mehr Gepäck für jeden.

Die Teilnehmerzahl schwankte im Laufe der Vorbereitung zwischen zwei und neun. Etwa zwei Tage vor der Abfahrt reduzierte sich die Anzahl auf den Mittelwert fünf. Daraus ergibt sich die Elitäre Truppe von folgenden Mitreisenden (allesamt gebürtige E?Techniker): Jan, Oli, Daniel, Marius und Steffi. (Sorry Steffi, eigentlich Ladies first.)

Fahrkarten kauften wir nur für die Hinfahrt, um uns die Option offenzuhalten, zurück ganz mit dem Rad zu fahren J. (Schon an dieser Stelle sei gesagt, daß wir diese Möglichkeit nicht wahrnehmen würden.) Der Fahrkartenkauf an sich stellte sich als etwas kompliziert heraus: Wir alle hatten zwar das selbe Ziel, aber nicht den selben Start und schon gar nicht die selbe Preisklasse (BahnCard) und mit den Fahrrädern war das auch so eine Sache… Für die fünf Personen ergaben sich so also vier verschiedene Tickets, was die Kaufzeit auf 25 Minuten heraufsetzte und die Warteschlange erheblich verlängerte. Doch es gibt auch freundliche Bahnbeamte (besonders in weiblicher Form), die sich sehr kooperativ zeigten. Außerdem plant der E – Techniker (manchmal) im Voraus und kauft die Karten eine Woche vorher. Übrigens waren alle Karten frühestens ab Neustadt / Rbge. (auch so ein Vorteil von Studenten).

Jetzt stand der ganzen Geschichte eigentlich nichts mehr im Wege und die Fahrt konnte beginnen. Vielleicht hätte man sich vorher noch Gedanken über den genauen Streckenverlauf machen sollen, aber wir kannten ja Start und Ziel und würden dann die kürzeste Verbindung dazwischen nehmen. (In Realität stellt sich dann heraus, daß die kürzeste Verbindung zwischen zwei Punkten leider keine Gerade ist.) Außerdem war da ja noch diese lange Zugfahrt, in der wir unsere Route hätten ausarbeiten können.

Aus dem Zug ausgestiegen stellte sich als erstes die Frage, rechts oder links runter vom Bahnhof? Danach (wir entschieden uns für links) folgte auch schon gleich die nächste: In welche Richtung aus dem Ort raus? – Vielleicht hätten wir die Zugfahrt doch etwas besser nutzen sollen. – Es ging – grobe Richtung – nach Westerstede. Von dort aus in Richtung Wiesmoor und dann Quer durch Klein-Kleckers-Dorf und Klein-Kübelhausen. Das grobe Fernziel hieß Esens, von wo aus es dann nur noch ein Katzensprung bis nach Bensersiel ist, wo unsere Fähre (hoffentlich) auf uns warten würde.

Dank der doch sehr gut beschilderten Radwege konnten wir uns dann auch mehr oder weniger an der geplanten Route entlanghangeln.

Schon nach wenigen Kilometern stellten wir die erste Regel für Radtouren auf:
1. Fasse keine Brückengeländer mit der Hand an; ein Vogel könnte dort etwas hinterlassen haben.

Wir waren noch nicht sonderlich weit gekommen, als Marius abrupt anhielt und nur etwas von „mich umziehen“, „ich schwitze“ und „schon mal vorfahren“ murmelte. Mit dem Vorfahren ist das so eine Sache, wenn Marius die Karte hat. Außerdem fährt man etliche Kilometer in der Zeit, in der sich einer komplett umzieht. Daher fuhren wir nur ein paar hundert Meter weiter und sahen uns diverse (evangelische und katholische) Kühe an, die nun ihrerseits uns ansahen und sich wahrscheinlich Gedanken machten. (Diese Situation, wenn auch ohne Kühe, sollte sich in Laufe der drei Tage des öfteren wiederholen.)

Das Ergebnis dieser Umziehaktion war – vorsichtig ausgedrückt – interessant: Marius in langen Radlerhosen. Schon nach kurzer Zeit machte sich aber die Meinung breit, daß es wesentlich kleidsamere Kleidungsstücke gibt, die weniger figurbetonend sind. Darauf hin entbrannte die schon im Vorfeld des öfteren geführte Debatte, welcher Anblick unerträglicher sei: Marius Allerwertester in Radlerhosen oder Olis knallbunte Isomatte. Wir kamen zu dem Schluß, daß Marius am besten Olis Isomatte nimmt und damit dann ganz hinten fährt. Dies lies sich aufgrund der aufwendigen Packtechniken der Beteiligten jedoch nicht realisieren, so daß uns beide Anblicke nicht erspart blieben.


Gegen 10 Uhr machte sich der allgemeine Hunger breit und es galt, etwas Eßbares aufzutreiben. Dazu steuerten wir in Weiß-der-Kuckuck-wo den erstbesten Bäcker an und kauften diverse Brötchen und eine Rosinensemmel. Letztere wurde uns in einem bis dato unbekannten Verfahren in einem Schritt geschnitten.


Danach ging’s raus aus dem Ort und rauf auf den nächstbesten Deich zum Frühstück. (Höchstwahrscheinlich hatte dieser Erdwall jedoch eine andere Funktion, als die der Deiche, denn von der Küste waren wir noch weit entfernt.)


Während des Frühstücks entstanden dann die Regeln Nummer zwei und drei:
2. Joghurtbecher sollte man einpacken; sie könnten platzen

3. Getrockneter Joghurt läßt sich nur sehr schwer von Gegenständen entfernen.

Frisch gestärkt ging es dann weiter, immer in Richtung Norden, dem blanken Hans entgegen. Die Weiterfahrt war gespickt von einer akrobatischen Showeinlage seitens von Marius, der während der Fahrt eine Packung Kekse aus Daniels Satteltasche herausfischen wollte, was ihm auch beim zweiten Versuch gelang. Gut, daß die Straßen dort nur recht selten befahren wurden.

Ohne weitere nennenswerte Zwischenfälle ging es dann weiter, Kilometer um Kilometer. Mal auf der Straße (zum Glück mit wenig Autos), mal auf den Radwegen (die irgendwie alle recht schmal sind), mal auf Feldwegen (wenn sie asphaltiert und in einem halbwegs guten zustand sind, sind sie das einzig wahre) und mal auf einer Straße parallel zur Hauptstraße getrennt durch den Nordgeorgsfehnkanal. Letzteres war um Wiesmoor herum und ca. 20 km lang; sehr zu empfehlen, wenn diese Straße nicht einfach abrupt geendet hätte, so daß wir dann doch auf der Hauptstraße entlangfahren mußten (wenn auch nur für kurze Zeit).

Unterbrochen wurde die Fahrt jedoch in regelmäßigen Abständen durch einen dumpfen Aufprall mit anschließendem Geschrei seitens der Nachfolger: Dann war wieder einmal Daniels Plastik – Wasserflasche heruntergefallen, die er zur sicheren Aufbewahrung an Oli weitergegeben hatte. Sie hat aber – entgegen allen Vorhersagen – die Tour mehr oder weniger unbeschadet überstanden. Diese unvorhersehbaren Pausen wurden dann auch ausgiebigst genutzt, um aus selbiger einen Schluck zu nehmen, denn es war warm, sehr warm.

Apropos warm: In unregelmäßigen Abständen haben sich dann irgendwann alle mehr oder weniger entblößt. Als letztes tat dies Steffi, die sich nur langsam während der (oder „für die“) Tour erwärmte. Allerdings hatte sie auch am meisten an.

Irgendwann unterwegs vor Esens stellte sich dann heraus, daß sich die vorher berechneten Entfernungen („Maximal 60 km!“) in Realität nicht bewahrheiteten: Die gemittelte Strecke der drei Tachos näherte sich verdächtig schnell der 100 km Grenze.

Vor Esens überstürzten sich dann auch die Ereignisse: Zum einen war da ein eigenartiges brummendes, grummelndes Geräusch, was sich später als Magenknurren entpuppte. Zum anderen (im direkten Zusammenhang damit) die Notwendigkeit, das Mittagessen zu organisieren. Dazu erkoren wir den „Feinkost-Aldi“ in Esens zum Ziel.

Doch so weit waren wir noch nicht. Zuvor mußten wir Esens erst einmal erreichen. Das tut man mit dem Rad am besten über einen der diversen Feldwege. Gesagt getan. Dort überholte uns eine Frau auf einem alten Damenrad (kein Problem uns zu überholen, wir waren ja schon diverse Kilometer unterwegs und hatten außerdem noch Hunger). Diese Dame fuhr, obwohl der Feldweg breit und eben war, beharrlich auf einem engen Trampelpfad auf der rechten Seite. Kurz darauf wußte Jan warum: Ganz plötzlich und aus dem Hinterhalt verwandelte sich der ebene und harte Untergrund in einen weichen Treibsand. Zwangspause.

Esens. Praktischerweise befindet sich der Feinkost-Aldi gleich am Ortseingang, so daß langwieriges Suchen mit schwer bepackten Rädern ausbleibt. Kurzerhand wurde der ganze Fahrradständer in Beschlag genommen und blockiert. Steffi und Marius kümmerten sich mit Herrn Albrechts Hilfe um das leibliche Wohl, während Stan und Oli zum Getränkemarkt eilten, der geschickterweise direkt gegenüber lag. Daniel schob Stallwache. Zu erst waren Jan und Oli wieder da mit der Botschaft: „Öffnungszeit ab zwei!“ Es war eins. Es folgte eine kurze Beratung. Sie ergab, daß die beiden wohl etwas weiter fahren müßten, um Getränke zu holen. Gesagt getan. Einen Apfel später, der Magen wollte sein Recht, tauchten Steffi und Marius mit einem vollen Einkaufswagen auf. Nun galt es, Essen für fünf auf drei Räder zu verteilen; ein schwieriges unterfangen. Es mußte aber nur noch wenige Kilometer halten.

An dieser Stelle galt es nun noch eine Schwierigkeit zu lösen, die allerdings schon seit der Zugfahrt bekannt war: Steffi hatte keine Isomatte und keiner hatte ihr eine mitgebracht. Daher trennten wir uns in Bensersiel auf: Stan und Oli kauften die Karten für die Überfahrt und Steffi, Marius und Daniel versuchten, eine Isomatte zu organisieren. Letzteres gelang dann auch erst im zweiten Anlauf. Dafür aber mit Erfolg und Mexico-Muster! Dann noch etwas Geld aus dem Automaten gezogen (Wohl dem, der sein Konto bei der Spaßkasse hat) und dann ging’s weiter zum vereinbarten Treffpunkt: „Da, wo man so gut sitzen kann.“ (Geheimsprache zwischen Marius und Oli.) Nach kurzer Suche fanden wir dann auch diesen geheimnisvollen Ort.

Es herrschte emsiges Treiben am Kai, obwohl noch eine Stunde bis zur Abfahrt um 14 Uhr zeit war. Etliche Touris mit Kind und Kegel liefen planlos umher. Doch der Platz hielt, was Oli und Marius versprachen. Daher machten wir Mittag. Es wurden diverse Würstchen verspeist und was sonst noch so alles weg mußte…


Doch dann brach auch bei uns die Hektik aus: Noch zwanzig Minuten und wir hatten noch nicht wieder alles verstaut, geschweige denn eingecheckt. Obwohl wir unsere verstauten Räder „dort irgendwo an der Seite“ verstauten(wie der Bootsmann sagte), waren wir nicht die letzten, die an Bord gingen. Aber auch nicht die ersten, wie sich bei der Platzsuche herausstellte. Die Überfahrt war gemütlich, sonnig und ohne jeglichen Seegang. Im Langeooger Hafen angekommen hatten wir zwei Möglichkeiten: Sofort als erster raus, die Fahrräder schnappen und weg oder warten, bis alle raus sind und die Container weg sind. Unschlüssigkeit wird bestraft, so daß wir warten mußten.

Dann waren wir da: Langeoog.

Nach kurzer Wegsuche (das treckingerfahrene Duo konnte sich nicht ganz einigen…) fuhren wir dann auf der Deichkrone in Richtung Jugendherberge.


4. Merke: Die Wege auf dem Deich sind eng, und wenn von vorne ein Fahrrad kommt sollte einer absteigen,
sonst droht ein schmerzhafter Kontakt (3 x „aua“!) mit Olis Lenkdrachen.


5. Merke: Viel hilft nicht immer viel. Vor allem, wenn man das Gepäck selber fortbewegen muß!

Der Weg führte uns unter anderem an der höchsten Erhebung Langeoogs, der Melkhörn Düne (21,3 m!), vorbei, die wir jedoch erst später erklommen… Zum Zeltplatz der Jugendherberge kommt man, indem man an der ausgeschilderten Einfahrt zum Zeltplatz vorbeifährt!

Es begrüßte uns sodann das erste Hinweisschild: „Fahrräder am Turm abstellen!“. Wir folgten dem Hinweis. Nach kurzer Ratlosigkeit schritten wir zur Anmeldung, obwohl wir eine halbe Stunde zu früh da waren (17.00 Uhr). In der folgenden halben Stunde gönnten wir uns etwas Erholung von der anstrengenden (?) Fahrt.


Danach ging’s dann auf zur überaus freundlichen und gar nicht mütterlichen Herbergsmutter, die Steffi und Jan erst einmal 20 DM zusätzlich abknöpfte, da sie keinen Jugendherbergsausweis hatten. Es folgten eindeutige Instruktionen, was man wann und wo zu tun und zu lassen hatte. Die Frage nach der Art der übrigen Gäste wurde einfach abgeblockt. L


Verwirrtheit kam auf: Wo bauen wir die Zelte auf? Was sagte die Herbergsmutter? Nicht auf dem platten Gras? Eingänge zueinander? Von wo kommt der Wind?

Der Zeltaufbau an sich war gespalten: Das Trecking-Duo baute in Windeseile das Luxuszelt auf, während der Aufbau des anderen Zeltes ausreichend durch das Foto beschrieben wird:

Später stellte sich dann heraus, daß wir es falsch zur vorherrschenden Windrichtung aufgebaut hatten und es dann durch den ständigen Wind von der Seite wie eine schwangere Auster aussah.


Steffis Gedanken: „Verlaß dich auf die Männer, und du bist verlassen…“

(Anm. d. Red.)

Oder: „Men At Work“


Um 18.00 Uhr machten sich dann fünf hungrige Mägen auf den Weg zur Futterkrippe. An der Eingangstür wieder ein Schild: „Achtung Wanderdüne! Tür zu!“ Den Tisch mußten wir selbst decken, was aber keine Schwierigkeiten machte, da in der Küche ganz detailliert aufgezählt war, was man für welche Mahlzeit benötigt. Das Essen war normaler Jugendherbergsstandard (mit anderen Worten roter Tee und zu wenig Butter).

Nach dieser Pflichtübung zog es uns dann zum Strand. Dieser liegt etwa 15 Fußminuten entfernt.


Nachdem wir uns einen eigenen Platz am überfüllten Strand erkämpft hatten (überfüllt mit herrlich weißem Sand), ging jeder seiner Beschäftigung nach. Marius hat zum Entsetzen der übrigen gebadet!

Jans Gedankengang: „Das kann doch wohl nicht war sein!!!“ (Anm. d. Red.)


Mit großer Skepsis beäugt: Der erste Probeflug der Drachen. Man kann aber sagen, daß er hat hervorragend geklappt. Nur an der Landung muß noch etwas gefeilt werden…

Dann schwangen wir unsere strapazierten Hintern wieder mal auf’s Rad und fuhren in die City. Auf einem Radweg, der nur für einspurige Räder zugelassen war! Am Ortseingang wurden wir von einem Schild begrüßt: Radfahren in der Fußgängerzone nur von 18.00 Uhr bis 9.00 Uhr erlaubt! Über dem Schild war eine Uhr angebracht! (Endlich mal eine sinnvolle Investition der Kurtaxe.)

Im Ort angekommen herrschte mal wieder Ratlosigkeit, dann machten wir uns auf die Suche nach der legendären „Düne 13“, von der Oli und Marius so geschwärmt hatten. Nach einer überdurchschnittlich langen Suche (Alzheimer läßt grüßen!) waren wir dann auch fast am Ziel. Nur noch links abbiegen und dann – quietsch!! – alles bremst. Da stand doch tatsächlich einer von Wach- und Schließ und schrie etwas von 20 DM Strafe und „runter vom Rad“. Na ja, recht hatte er schon, zumal wir auf einem Fußweg fuhren, aber das hätte man ja auch durch die Blume sagen können… Da war ein Beschwerdebrief an die Kurverwaltung erforderlich!

Die „Düne 13“ war in kaltem Blau erleuchtet. Nachdem wir unsere Bestellung drei mal umgebucht hatten, holten wir uns aus dem umfangreichen Sortiment ein UNO-Spiel und dann ging’s Rund: Unter Mißachtung aller einschlägigen Regeln wurde nur noch gezockt! Irgendwann verließen wir dann dieses Etablissement und fuhren wieder heim. Mit und ohne Licht, jeder, wie er es wollte…

Nach mehr oder weniger heißen Duschen und Zähneputzen in mehr oder weniger bekleideten Zustand gingen wir schließlich früh zu Isomatte…

Frühstück um acht! So lautete die Instruktion des Hausdrachens, was an Oli irgendwie ständig vorbeigegangen sein muß. Das Frühstück verlief ohne nennenswerte Auffälligkeiten, wenn man davon absieht, daß es anstatt frischer Brötchen nur welliges Weißbrot gab…

Danach zog es uns wieder zum Strand, wo jeder seinen Bedürfnissen nachging:


Drachen steigen lassen, sonnen, baden spazieren gehen, rumgammeln oder Purzelbäume von Dünen machen…


Zitat von K. d. S. beim Anblick diese Bildes: „Therapiezentrum Langeoog für schwer erziehbare Jugendliche…“


Man tut so dies und das…


Und wird dabei auch noch schamlos beobachtet…


Der säuerlichen Gesichtsausdruck Marius‘ erklärt sich ganz einfach: Nachdem uns Marius kurz zum Umziehen verlassen hat, ist der Rest kurzerhand zwei Dünen weiter umgezogen. Fairerweise haben wir unsere Fußspuren aber nicht verwischt. (Diese Hilfe hat Marius aber nicht angenommen.) Folgendes war aus sicherer Entfernung zu beobachten: Er schlich sich bei seiner Ankunft leise von hinten an unseren ehemaligen Lageplatz an, blieb stehen, stutzte kurz, setzte sich einfach hin und wartete… Es dauerte doch noch denn einen oder anderen Augenblick, bis er sich auf die Suche nach dem Rest machte. Dies gelang ihm dann auch dank der akustischen Einweisung unsererseits. Take it easy Marius!

Übrigens muß sich dieser säuerliche Gesichtsausdruck dann irgendwann auf die Milch übertragen haben…


Die Suche nach schönen Badenixen blieb jedoch ohne Erfolg…


Mittag: Das Trecking-Duo kündigte schon vor der Fahrt an, daß eine der wenigen guten Eigenschaften der Herbergsmutter ihre guten Kochkünste sein. Jetzt konnte sie sie unter Beweis stellen. Leider gelang es ihr nicht. Nun ja, Indisch Gulasch süßsauer ist vielleicht auch nicht jedermanns Sache…

Nach dem Essen zog es uns dann wieder zum Strand, obwohl das Wetter nicht sehr vielversprechend aussah.

Wir hatten die Wahl:

Drachenkunstflug

Oder

Kollektives baden.

Jan konnte sich bis dato immer erfolgreich davor drücken, aber nun war er willig.

Daher „entschieden“ wir uns für letzteres…


Anfangs etwas zögerlich…


…doch danach um so stürmischer stürzten wir uns in die Fluten!


Leider mußten wir uns das Wasser mit diversen toten Quallen teilen. Das Baden in Strandnähe war etwas langweilig, weil die Brandung fehlte. Diese war ca. 20 m landauswärts. Wir suchten die dort vermutete Sandbank und wurden fündig. Es folgte der ultimative Badespaß…

Apropos Strand: Noch eine Regel:
6. Fotoapparate mögen keinen Sand!


Wieder an Land gab es ein paar

sehr merkwürdige Gestalten zu begutachten:


Latscho Martin: „Und wenn er sich erst mal hinkniet!“


Ein Blick auf die Uhr sagte uns: Alarm! Zeit zum Essen! Alle waren noch naß! Keine trockenen Klamotten! Alles voller Flugsand! Mist! Was soll’s, zur Not zieht man die Jeans eben ohne Unterhose an, ein ganz neues Gefühl! Pünktlich um 18.00 Uhr c.t. saßen wir dann auch am Tisch.

Das Abendessen verlief im schon fast gewohnten Rhythmus: Tisch decken, Essen holen und schmackofatzen. Dann noch mal Butter holen und weiteressen. Tisch abräumen und abwischen. Schmutziges Geschirr in die Küche tragen und sich vorm Abwaschen drücken. Sollten das ruhig die Schulklassen machen. Wir mußten schließlich früher auch… Außerdem: Früh übt sich!

Eigentlich wollten wir jetzt ja zum Ostende fahren, wir hatten nur ein Problem: den Regen bzw. das Gewitter. Daher fanden wir uns kurzerhand im Luxuszelt ein und wiederholten den Zockerabend. Manch einer verlor beim Spielen nicht nur sein letztes Hemd, sondern auch den Kopf.


Es gab da aber auch Leute, die zu ihrem Glück erst gezwungen werden mußten:


Steffi war davon gar nicht so begeistert: „He, laßt meinen Marius los!“


Schließlich bemühten wir dann doch noch unsere Drahtesel, um zur Seehundbank ans Ostende der Insel zu fahren (die Sonne schien wieder). Fahrräder am Strand abgestellt und den Rest zu Fuß gegangen. Marius kam auf die Idee doch seine Jacke bei den Rädern zu lassen. Daniel folgte seinem Beispiel. (Beide froren dann auch nach zwanzig Minuten! Aber Marius hatte Steffi, Daniel Pech. Das wiederum konnte Oli nicht mit ansehen und lud letzteren in seine Jacke ein. Das war dann aber doch ein bißchen eng, aber schööön warm!) Ja, Seehunde haben wir keine gesehen, obwohl es dort ein kostenlos zu benutzendes Fernglas gab. (Endlich mal eine sinnvolle Investition der Kurtaxe.) Aber diverse Vögel konnte man sehen. Einen Haken hatte das Fernglas aber dann doch: Das Nachtsichtgerät fehlte und es war nicht weit genug nach oben schwenkbar, um den Mond zu beobachten! Da war wohl noch ein Beschwerdebrief an die Kurverwaltung erforderlich! Langsam läppert es sich…

Aber man ist ja tolerant (oder ignorant???):


Vom Ostende der Insel ging’s dann zum westlichen in die Stadt. Was genau wir da wollten wußte eigentlich keiner so genau, zumal es schon kurz vor zehn war. Nur in einem Punkt waren wir uns einig: Wir wollten nicht zur „Düne 13“. Statt dessen gönnten wir uns ein Eis auf der Faust und fuhren dann wieder zurück. Unterwegs machten wir noch einen Abstecher auf Langeoogs höchsten Berg: Die Melkhörndüne mit satten 21,3 m! Genaugenommen sind es bestimmt keine 21,3 m mehr, denn jedesmal, wenn jemand hinaufsteigt, nimmt er ja etwas Sand mit runter… Oben stellten wir entsetzt fest, daß drei (!) Wege hinauf führten. Für Rom wäre das ja in Ordnung aber für Langeoog war eindeutig zu viel. Da war wohl mal wieder ein Beschwerdebrief an die Kurverwaltung erforderlich!

Dann fuhren wir endgültig zurück zu den Zelten und brachten unsere Räder zu Bett.

Jetzt hieß es Abschied nehmen vom Strand und von Langeoog… Am folgenden Tag würden wir dafür wohl keine Zeit mehr haben. Am Strand verabschiedete sich dann jeder auf seine Weise von dieser wunderschönen Insel, die auch im dunkeln nichts von ihrem Reiz verliert…


Abreisetag: Frühstück um Acht (Man hatte sich in der Zwischenzeit daran gewöhnt, bis auf Oli). Abschließend haben wir uns noch ein Lunchpaket gebaut. Dann hieß es Sachen packen, Zelte abbauen und Fahrräder satteln.

Der Abschied von Langeoog wurde uns nicht besonders schwer gemacht – es stiegen Luftblasen zum Himmel auf!

Mehr oder weniger trocken erreichten wir den Hafen. Zum Steak gelangt man auf zwei verschiedenen Wegen: den langen um den Bahnhof herum und den kurzen mit dem Schild: „Achtung Lebensgefahr! Durchgang verboten!“ Steffi, Jan und Oli waren waghalsig. Sicher angekommen mußten wir feststellen, daß es für’s Boarding noch zu früh war. Was tun, schließlich regnete es? War da nicht vor 500 m was zum Unterstellen? Gesucht, gefunden, doch leider waren wir nicht die ersten. Aber so wärmte man sich dann gegenseitig…

Jedoch wurde es Marius anscheinend doch zu warm. Zumindest würde das seine neue Umziehaktion erklären. Wir alle standen mehr oder weniger tropfnaß unter diesem winzigen Unterstand, und Marius mußte sein T-Shirt wechseln! Bei der Schaustellung seines alerbasterfarbenen Luxuskörpers erntete er aber diverse Blicke: Teils erstaunte, teils entsetzte. Die größten Augen machten jedoch die dick eingepackten Kinder, als sie Marius so entblößt sahen.

Nach einer viertel Stunde ging’s dann an Bord und dort auf die Toilette: Wozu so ein elektrischer Händetrockner nicht alles gut sein kann? Aber ein Fön ist doch praktischer. Während der Fahrt verspeisten wir noch die letzten Feudatten (Steffi und Jan wollten nicht).

Auf dem Festland angekommen, regnete es noch immer. Daher hieß die Parole: „Auf zum Bahnhof nach Esens!“ Dort angekommen schien schon fast wieder die Sonnen – nun ja, zumindest regnete es nicht mehr. Trotzdem war die Stimmung mies und Steffi, Jan und Oli wollten nicht mehr Rad fahren. Der Bahnbeamte wurde bemüht, und das möglichst schnell, da schon ein Zug im Bahnhof (einer mit Schranken zum Kurbeln!) wartete. Diskussion. Ergebnis: Obwohl mit einer Stimme weniger setzten sich Marius und Daniel durch. Der Bahnbeamte wurde erneut ein halbes Duzend Mal bemüht. Ergebnis: Mit dem Rad sollte es vor, auf und hinter dem Deich nach Wilhelmshaven bzw. Sande gehen.

Aber vorher brauchen wir noch was warmes zum Mittag! Der erste Imbiß hatte geschlossen, der zweite war überfüllt. Grund: „Heute ist Hähnchentag!“ Trotzdem stürmten wir den Laden und ergatterten den noch einzig freien Tisch. Die Antwort auf der Küche lautete bei der Bestellung: „Hähnchen sind alle!“ Ah ja, dann gibt’s also Pommes.

Der Weg führte uns wie erwartet vor, auf und hinter dem Deich entlang. Bis zum Vogelschutzgebiet Elisabethgroden. Da begann im wahrsten Sinne des Wortes die Scheiß-Strecke: Vögel sahen wir schon mal keine. Dafür aber Schafe! Damit diese nicht weglaufen, waren sie eingezäunt. Immer ca. 500 m lange Stücke parallel zum Deich – und mitten hindurch der Radweg! An jedem Zaun war eine Holzbrücke. Schön steil und schmal, damit die Schafe nicht drüber gehen. Die Räder auch nicht. Also Absteigen und schieben. Da begann das Martyrium, das sich alle 500 m wiederholte: absteigen, Rad über die Brücke wuchten, aufsteigen und weiterfahren. Versucht man es ohne abzusteigen, so wird man wie Marius zum Verkehrshindernis und zum Ärgernis der anderen. Erschwerend kam noch hinzu das nur der Radweg mit einer soliden, mindestens 5 cm dicken Schicht Exkrement bedeckt war, welches je nach Geschwindigkeit mehr oder weniger weit flog. Ohne Worte!

Irgendwann war dann auch noch der Radweg wegen Bauarbeiten gesperrt. Das reichte. Bei Friederikensiel ging’s dann nach Süden auf dem kürzesten Weg nach Sande. Und siehe da, man kam erheblich schneller voran, als auf dieser Scheiß-Strecke. Unterwegs in einem dieser dort oben zu Hauf anzutreffenden wunderschönen Spargelfelder (gemeint sind diese Propeller) trafen wir auf einen Wartungsdienst. Leider erklärte sich dieser nicht dazu bereit, für fünf wißbegierigten E-Technikern eine Führung zu machen. Schade!

In Sande angekommen, teilten wir uns auf: Das Trecking-Duo war für die Marschverpflegung zuständig, der Rest für die Fahrkarten. Nun sei gesagt, daß Sande zwei Bahnhöfe hat: einen „Bahnhof“ in der City, und einen Bahnhof (!) am Stadtrand. Wir mußten zum Letzteren. Gerade noch rechtzeitig um 17.50 Uhr standen wir vor dem Schalter: Öffnungszeiten bis 17.45 Uhr! Nun denn!

Wir warteten auf dem Bahnsteig, und verfolgten den erstaunlich starken Zugverkehr. Dann kam unser Zug. Wo war denn das Fahrradabteil? Egal, jede Tür ein Rad. Damit konnte sich nun der Schaffner nicht anfreunden. „Ich komme da nicht durch!“ Der schlankste war er nun wirklich nicht. Aber wohin mit den Rädern? Der Schaffner daraufhin zum Bahnbeamten: „Hat dieser Zug eigentlich ein Fahrradabteil???“ Er hatte.

Jetzt mußten wir nur noch beim Schaffner Karten kaufen, die jedoch, wie wir später erfuhren, 5 DM teurer sind, als am Schalter. So macht man Mäuse! Dank der modernsten Technik von „Höft und Wessel“ dauerte der Kartenkauf etwas länger als vermutet…

In Oldenburg mußten wir dann umsteigen. Nur auf welches Gleis? Mit fünf Rädern! Und, wie man uns mitteilte, ohne Rolltreppen oder Fahrstühle! Aber diesmal hatten wir Glück: Es war am selben Bahnsteig gegenüber! Beim Ausladen verabschiedete sich dann noch Jans Luftpumpe in die ewigen Abgründe des Bahndamms…

Der Rest der Rückfahrt verlief schmatzend und schweigend. Lunchpakete bleiben ja auch nicht ewig frisch! Oli wurde dann in Nienburg (Weser) rausgeworfen, von wo aus er noch 20 km vor sich hatte. An der nächsten Station war dann Daniel dran. Tür auf, Rad schon fast auf dem Bahnsteig, da kam die Durchsage: „Neustadt, hier Neustadt am Rübenberge!“ Ooops! Kommando zurück! Also noch eine Station warten… Von dort aus blieben auch Daniel noch 20 km Strecke zu bewältigen.

Der Rest fuhr dann durch bis in die Landeshauptstadt. Dort angekommen erfuhren sie die Auswirkungen des inzwischen geschehenen schweren Zugunglücks. Nun ja, auf so einer Insel ist man von so manchen Informationen abgeschnitten…

Noch eine Regel zum Schluß:
7. Man hat grundsätzlich zu viel und das Falsche mit!

Fazit:

Langeoog ist immer wieder eine Reise Wert und wir werden bestimmt wiederkommen. Dann auch mit mehr Zeit!

Ach ja, an dieser Stelle sei noch gesagt, daß wir dem Kurdirektor wirklich eine Mail geschrieben und sogar eine liebe Antwort bekommen haben!

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